Warenlieferungen von Deutschland nach Großbritannien sind künftig nicht mehr als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nach §§ 4 Nr. 1b UStG i. V. m. 6a UStG zu behandeln, sondern als steuerfreie Ausfuhrlieferungen nach §§ 4 Nr. 1a UStG i. V. m. 6 UStG. Neben abweichenden materiell-rechtlichen Anforderungen ergeben sich daraus auch veränderte Nachweispflichten für die Steuerfreiheit der Lieferungen. Die Buch- und Belegnachweise sind nicht mehr anhand der §§ 17a bis 17c UStDV zu führen, sie richten sich künftig nach den §§ 9 bis 11 UStDV. Die sog. Gelangensbestätigung ist dann nicht mehr relevant, da sie kein tauglicher Nachweis für die Steuerfreiheit der Lieferung ist. Vielmehr ist bei zollrechtlichen Ausfuhranmeldungen im elektronischen Ausfuhrverfahren ATLAS der sog. Ausgangsvermerk als Nachweis aufzubewahren.
Eine fehlerhafte Nachweisführung birgt das Risiko der Versagung der Umsatzsteuerfreiheit! Bei einer Lieferung aus Großbritannien nach Deutschland ist kein innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG i. V. m. § 1a UStG) der Ware durch den Empfänger in Deutschland zu versteuern. Es handelt sich vielmehr um eine Einfuhr, die der Einführer zu erklären und für die er Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten hat, sofern keine Befreiungsvorschriften (§ 5 Abs. 1, § 25c UStG, § 5 Abs. 2 in Verbindung mit der EUStBV) greifen.
Wird die Einfuhr durch den in Großbritannien ansässigen Unternehmer erklärt, ist die Lieferung an den deutschen Unternehmer nach § 3 Abs. 8 UStG im Inland steuerbar und steuerpflichtig, wenn dieser Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Für den britischen Unternehmer ergibt sich daraus eine umsatzsteuerliche Registrierungs- und Erklärungspflicht in Deutschland.
Hinweis: Es kann bei bestimmten Lieferkonstellationen mitunter vorkommen, dass der britische Lieferant einen Versanddienstleister beauftragt, die Lieferung an den deutschen Unternehmer durchzuführen. Wird dabei die Ware durch den Paketdienstleister bspw. über die Niederlande eingeführt, muss der deutsche Unternehmer damit rechnen, dass ihm die niederländische Einfuhrumsatzsteuer weiterbelastet wird, sofern der britische Lieferant selbst nicht in den Niederlanden Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist (keine umsatzsteuerliche Registrierung vorliegt). Verfügt der deutsche Unternehmer ebenfalls nicht über eine umsatzsteuerliche Registrierung in den Niederlanden, scheidet ein entsprechender Vorsteuerabzug in Höhe der ausländischen EUSt aus.
Die Vorschrift des § 3 Abs. 1a UStG, die das Verbringen eines Gegenstands zur eigenen Verfügung des Unternehmers in einen anderen Mitgliedstaat als innergemeinschaftliches Verbringen einer Lieferung gleichstellt, ist im Verhältnis zu Großbritannien nicht mehr anwendbar. Umsatzsteuerlich werden diese Fälle nicht erfasst. Die Vereinfachungsregelung für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte nach § 25b UStG ist allenfalls dann noch anwendbar, wenn die Ware innerhalb der EU geliefert wird und lediglich ein britischer Unternehmer mit einer ihm von einem Mitgliedstaat erteilten UStIdNr. auftritt.
Gelangt die Ware im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts nach Großbritannien bzw. aus Großbritannien in die EU, sind die Erleichterungen des § 25b UStG nicht anwendbar. Je nach Fallkonstellation ergeben sich danach Registrierungspflichten der beteiligten Unternehmen. Grenzüberschreitende Warenlieferungen mit Großbritannien sind künftig nicht mehr Gegenstand der Intrahandelsstatistik (Intrastat), entsprechende Erklärungspflichten entfallen. Lieferungen nach Großbritannien sind zudem nicht länger nach § 18a UStG in einer Zusammenfassenden Meldung (ZM) zu erfassen.
Nach den Regelungen des § 3c UStG verlagert sich der Ort der Lieferung im internationalen Versandhandel, insbesondere bei Lieferungen an Privatpersonen an den Ort des Empfängers. Es gelten außerdem bestimmte Lieferschwellen bis zu deren Überschreitung diese Regelung nicht angewandt wird. Die umsatzsteuerliche Versandhandelsregelung mit ihren Lieferschwellen ist innerhalb der EU harmonisiert, auch wenn die Staaten unterschiedliche Schwellen festgesetzt haben.
Nach einem Austritt von Großbritannien aus der EU ist die Regelung des § 3c UStG nicht mehr anwendbar, die Lieferungen an Privatpersonen werden als Ausfuhrlieferungen angesehen.